Heute war es endlich soweit. Nachdem ich monatelang ruhiggestellt wurde zur Schonung angehalten wurde, damit meine Kaiserschnittnarbe und meine inneren Verletzungen gut heilen können, war ich heute endlich mal wieder im Training.

Nach fast 10 Jahren Kampfsport brannte es mir jetzt schon seit Monaten in den Fingern, mich endlich wieder vernünftig bewegen zu können. Ich wollte nicht in einen Rückbildungskurs, ich wollte gleich zurück zu  meinen Leuten, zurück in die Kampfsportschule, die ich damals mit gegründet habe, zurück zu meinen Trainern und Freunden und endlich wieder  Teil der Gemeinschaft werden.

Da sich ein Kampfsportkurs für mich zeitlich nicht ausgeht – mir ist es lieber, wenn ich erst das Haus verlasse, wenn der Kleine schon schläft, da stehen die Chancen gut, dass er durchschläft, bis ich zurück komme und nicht beim Aufwachen irritiert ist, dass Papa sich kümmert und nicht Mama (ich bin aber auch ne Glucke!) – ist es halt ein Fitnesskurs geworden. Und damit es auch nicht langweilig wird, gleich mal Circle-Training. Ich habe mein Kommen angesagt, gesagt, was ich noch nicht kann, sichergestellt, dass mein Trainer für etwaige Übungen gute Ersatzübungen für mich hat, damit ich mich erstens nicht überfordere und damit ich zweitens keinen Druck auf meine geraden Bauchmuskeln ausübe.

Heute keine Ausreden!

Was war ich heute aufgeregt, ihr könnt es euch gar nicht vorstellen! Ich, die selbst Trainerin war, teilweise sieben Mal die Woche selbst trainiert hat, war jetzt über viele Monate durch Schwangerschaft und Heilungsprozess komplett trainingslos. Ich weiß ja, dass ich von meiner ursprünglichen Kondition und Kraft und Geschicklichkeit überhaupt nichts mehr drauf habe. Nach so langer Abstinenz ist es für mich immer ganz komisch, wieder zum Training zu erscheinen und fühlt sich jedes Mal wieder an, als würde ich zum allerersten Mal zum Training erscheinen: Kennen mich alle noch? Wie viele neue Gesichter werde ich sehen? Werden sie sich freuen mich zu sehen? Werden sie mich auslachen, weil ich nichts mehr kann? Werden sie mich gar ignorieren, weil sie das Gefühl haben, mich so lange nicht gekümmert zu haben? Tausende Fragen sind mir heute durch den Kopf geschossen, aber ich hatte mir fest vorgenommen: Heute keine Ausreden!!!

In meiner Aufregung habe ich also um 10 Uhr früh angefangen meine Tasche zu packen (damit ich auch ja nichts vergesse, ich bin ja doch aus der Übung :-P). Und stündlich sind neue Dinge hinzu gekommen, die mir eingefallen sind, dass ich auch noch brauche: Ach ja, Handtuch wäre nicht schlecht! Ach ja, frische Unterwäsche wäre vielleicht auch nicht schlecht. (Nach 10 Jahren mehrmaligem Training in der Woche hätte ich mir mehr Routine erwartet!) Und stündlich stieg die Aufregung. Reiß dich zusammen, dein Baby kann Aufregung spüren, nicht, dass es dann so aufgeregt ist, dass es vor lauter Aufregung nicht schlafen kann und du nicht raus kommst. Aber was nutzt dieses rationale Gehabe, ich war aufgeregt, war gespannt wie ein Flitzebogen und konnte es kaum erwarten, dass der Kleine endlich im Bett war, damit ich meine Tasche schnappen und losziehen konnte.

Werde ich vor lauter Muskelkater mein Baby noch tragen können?

Endlich war es dann soweit: sämtliche Abendroutine erledigt. Baby schläft. Ich nehme meine Tasche und verabschiede mich. Lass dir Zeit, sagt er zu mir. Genieße die Zeit, sagt er zu mir. Du kannst ruhig etwas länger da bleiben, sagt er zu mir. Pass auf dich auf, sagt er zu mir. Übertreibe es bitte nicht, sagt er zu mir. Ich weiß schon, warum ich ihn so sehr liebe! Ich konnte aber vor lauter Aufregung (ja, ich weiß, ich wiederhole mich) seine lieben Sätze nicht mal würdigen, sondern habe mich eher zittrig angezogen und bin losgestiefelt. Musik in den Ohren, Kopf voller Gedanken und die Hauptfragen: Wie sehr werde ich eingehen? & Werde ich in zwei Tagen vor lauter Muskelkater mein Baby noch tragen können?

Ich wäre ja fast am Eingang vorbei gegangen und wieder nach Hause gestiefelt, aber „HEUTE KEINE AUSREDEN!!!“ Also rein da, Schuhe aus und sich vorsichtig umschauen, wer da ist, wie viele Gesichter man kennt, wie viele man nicht kennt, wie viele man zwar kennt aber die Namen trotzdem vergessen hat. Es war auch ein vorsichtiges Umschauen: erkennt mich wer? Natürlich! Sich aufhellende Gesichter bei meinem Anblick, Umarmungen, Küsse und viele Fragen: Wie geht es dir? Wie geht es deinem Kleinen? Wie alt ist dein Kleiner jetzt? Kannst du schon wieder trainieren? Ich habe heute dieselben Fragen gefühlte hundert Mal beantwortet – mit Freude! Es ist schön zu spüren, dass die Menschen einen nicht vergessen haben und wissen, dass sie mich zuletzt mit dickem Bauch gesehen haben.

Ich gehöre wieder mir!

Umziehen, sich in die Halle stellen, heutigen Trainingsplan anschauen und merken, man versteht nur Bahnhof!  Aber ich bin da und allein darauf bin ich stolz. Ich lasse mir Übungen erklären, lasse mir Ersatzübungen zeigen (statt den Bauchübungen standen für mich dann Rückenübungen auf dem Programm) und mache heute nicht übertreiben zu meinem Mantra. Und los geht’s: Aufwärmen. Keine Beweglichkeit mehr da, keine Dehnung, kein Gleichgewichtssinn, es ist eine Schande! Aber hey, du hast inzwischen ein Kind auf die Welt gebracht und es die letzten Monate rund um die Uhr versorgt! Du bist heute nicht nur wegen des Trainings hier, du bist heute auch hier, damit du wieder unter Leute kommst! Konzentriere dich auf dich, deine Gemeinschaft war nie eine, die andere auslacht, sondern die andere ermutigt und anfeuert! Also blende ich die anderen aus, konzentriere mich auf mein Tempo und merke: es geht. Langsamer als andere, mit einfacheren Übungen als andere, aber es geht. Und ich merke noch etwas: mein Körper gehört wieder mir!!! Kein geteilter Blutkreislauf mehr! Keine geteilte Sauerstoffversorgung mehr! Kein kleines Wesen in mir, dass mir plötzlich jegliche Energie abzapft. Allein diese Erkenntnis macht mich seelig und ich halte durch: alle drei Circle-Trainings-Runden. Und danach bin ich fix und fertig, aber glücklich!

Ich gönne mir eine heiße Dusche, spreche noch mit einigen und stiefel dann wieder nach Hause, nervös auf mein Handy schauend, ob alles in Ordnung ist. Display leer, alles gut. Fix, fertig und zittrig komme ich zu Hause an und falle aufs Sofa. „Wie lief es bei dir?“ „Gut, keine Probleme, der Kleine hat geschlafen und ist nicht aufgewacht.“ Wunderbar! Präzedenzfall: Check!

Hinterlasse einen Kommentar